Der BFH zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 (Pressemitteilung Nr. 23/18 vom 14.5.2018). Er hat daher mit Beschluss vom 25.4.2018 IX B 21/18 in einem summarischen Verfahren Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. Die Entscheidung ist zu Nachzahlungszinsen
(§§ 233a, 238 AO) ergangen. Danach betragen die Zinsen für jeden Monat 0,5 % einer nachzuzahlenden oder zu erstattenden Steuer. Allein bei der steuerlichen Betriebsprüfung vereinnahmte der Fiskus im Bereich der Nachzahlungszinsen (§ 233a AO) in den letzten Jahren mehr als 2 Mrd €.
Beispiel:
Das Finanzamt (FA) setzte die von den Steuerpflichtigen für das Jahr 2009 zu entrichtende Einkommensteuer zunächst auf 159.139 € fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung änderte das FA am 13.11.2017 die Einkommensteuerfestsetzung auf 2.143.939 €. Nachzuzahlen war eine Steuer von 1.984.800 €. Das FA verlangte zudem in dem mit der Steuerfestsetzung verbundenen Zinsbescheid für den Zeitraum vom 1.4.2015 bis 16.11.2017 Nachzahlungszinsen in Höhe von 240.831 €. Die Antragsteller begehren die AdV des Zinsbescheids, da die Höhe der Zinsen von 0,5 % für jeden Monat verfassungswidrig sei. Das FA und das Finanzgericht lehnten dies ab.
Der BFH hat dem Antrag stattgegeben und die Vollziehung des Zinsbescheids in vollem Umfang ausgesetzt. Nach dem Beschluss des BFH bestehen im Hinblick auf die Zinshöhe für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 233a AO i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO. Begründet wird dies mit der realitätsfernen Bemessung des Zinssatzes, die den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletze. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreite den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich im Streitzeitraum ein niedriges Marktzinsniveaus strukturell und nachhaltig verfestigt habe.
Hinweis:
In der Praxis sollten entsprechende Zinsfestsetzungen offen gehalten und AdV beantragt werden.